Studentenreise

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Nikolaus Lenau: Studentenreise (1842)

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Wir hatten im Sacke nur wenig Geld,
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Doch lachend wogte das goldene Feld
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In lustigen Sommerwinden,
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Das übrige würde sich finden.

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Die Rößlein schlichen den lahmsten Trab,
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Als wäre die Erde ein weites Grab
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Und fürchteten sie, zu versinken
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Auf Tote zur Rechten und Linken.

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Der Fuhrmann schmauchte schlechten Tabaks,
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Er war hartmäulig, stumpfen Geschmacks,
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Wie seine Gäule nicht wissen,
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Daß sie werden im Maule gerissen.

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Doch ging es auch langsam, ging es doch froh;
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Wir rauchten Bessern, mein Studio
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Schrie mir homerische Zeilen,
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Wie die Helden sich tapfer zerkeilen.

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Das Straßenpulver ward Schlachtenstaub,
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Rings tobte die Rache um Helenas Raub,
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Die Reiter stürzten zur Erde, so
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Drum schlichen so traurig die Pferde.

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Der dampfende Kutscher auf seinem Thron,
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Ein rauchender Turm von Ilion;
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Nur Helena könnt ich nicht schauen
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Vor Staub, die schönste der Frauen.

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Da dacht ich, sie zu finden geschwind,
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An ein vielleicht noch schöneres Kind,
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Homerische Klänge versäumend,
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Zum seligen Paris mich träumend.

(Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024. Ursprünglich aus: Deutsches Textarchiv, CC BY-SA 4.0.)

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Nikolaus Lenau
(1802–1850)

* 13.08.1802 in Lenauheim, † 22.08.1850 in Oberdöbling

männlich, geb. Lenau

österreichischer Schriftsteller (1802-1850)

(Aus: Wikidata.org)