Reinhold Nauwerck und Barbara Witpahl

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Simon Dach: Reinhold Nauwerck und Barbara Witpahl (1632)

1
Ey noch eins, jhr Heyraht-Seiten!
2
Vor den lieben Newjahrs-Zeiten
3
Singet jhr mir doch nicht mehr.
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Fort! jhr thut nichts vngebehten,
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Was in diesen dreyen Städten
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Tugend liebt, gibt euch Gehör.

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Preussen wird nicht von euch schweigen,
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Meiner wol-bespielten Geigen
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Wartet keine Grabes-Noht,
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Legt' ich mich gleich heute nieder.
11
Der Poeten weisen Lieder
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Reissen durch Welt, Zeit vnd Todt.

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Ich bin da hinauff gestiegen,
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Wo kein Neid mir nach kan fliegen,
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Vnd verlach' es allermeist,
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Wenn sich Mißgunst lässet blicken,
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Vnd wo hinter meinem Rücken
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Ihr vergifftes Maul zerreisst.

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Braut vnd Bräutgam, seyd gewogen!
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Euch zu Ehren spielt mein Bogen
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Fast ohn zuthun meiner Handt.
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Baß ist nie mein Reym geflossen,
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Durch vnd durch werd ich begossen
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Durch Parnassus reichen Strandt.

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Fernt mich von den Midas Kindern,
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Die den Lauff der Tugend hindern,
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Lasst auch die weit von mir seyn,
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So der Heyraht gantz entsagen,
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Dieß Volck kan ich nicht vertragen,
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Habe nichts mit jhm gemein.

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Was von Jungfern vnd Gesellen
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Sich nicht wil entgegen stellen
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Der vergunten Venus Zucht,
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Vnd in Amors strengen Schulen
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Vngestrafft vnd keusch zu buhlen
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Unterricht vnd Vbung sucht,

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Kompt! fasst, fertig euch zu wenden,
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Bunt gepart, euch bey den Händen,
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Merckt voraus auff mein Geheiß,
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Braut und Bräutgam müsst jhr bitten,
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Daß sie tretten in die Mitten,
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Nachmals schliesset einen Kreyß!

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Also! halt es deinen Gästen,
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Liebster Bräutgam, ja zum besten,
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Küss die Wangen deiner Braut!
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Küss, es steht in deinen Mächten!
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Tantzt jhr andern nach der Rechten,
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Tantzt vnd singet vberlaut.

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So, ergetz dich bester massen!
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Küss, ein ander muß es lassen,
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Doch kömpt aller Glück heran,
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Niemand mag so elend leben,
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Dem sein Theil nicht wird gegeben,
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Das er künfftig küssen kan.

55
Bräutlein, küss den Bräutgam wieder,
56
Fort, nicht schlag die Augen nieder!
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Niemand sieht es, mitler zeit
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Wollen wir einmalchen trincken.
59
Recht so! jhr tantzt nach der Lincken
60
Vnd singt ferner allerseit:

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Eins vmbs ander, nichts vergebens!
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Zwar dem Leben deines Lebens
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Ist von dir jetzt dieß geschehn;
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Doch wenn ist dir der Muth kommen,
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Daß du thust, du Bild der Frommen,
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Was man nie von dir gesehn?

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Harr, die Mutter sol es wissen!
68
Hat sie dich gelehret küssen,
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Sie, der Spiegel aller Zucht?
70
Ach, du bist versetzet worden
71
In den kühnen Liebes-Orden,
72
Dieser Kuß ist dessen Frucht.

73
Bräutgam, nun wil dir gebühren
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Mit der Braut den Tantz zu führen,
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Nur weich aus dem Kreyse nicht,
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Wir indessen wollen stehen
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Vnd die Stimme dir erhöhen,
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Die in Frewden also spricht:

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Amor schafft dir tausent Schmertzen,
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Hüpfft und tantzt in deinem Hertzen,
81
Man giebt deine Liebste dir
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In die rechte Hand zu fassen,
83
Vnd du soltest vnterlassen
84
Einen Tantz zu thun mit jhr?

85
Tantz, das Wild in dicken Wäldern,
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Heerd vnd Hirten auff den Feldern
87
Tantzen vmb die Sommer-Zeit:
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Auch das Schuppen-Heer die Fische,
89
Das Gevögel im Gepüsche
90
Werden durch den Tantz erfrewt.

91
Tantzen nicht die Sonnen-Pferde
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Gleichfals täglich vmb die Erde,
93
Nächtlich Mond vnd Sternelein?
94
Ja man sagt, diß grosse gantze
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Werd' herumb geweltzt im Tantze,
96
Darumb tantzet jhr auch fein.

97
O es wollen alle Sachen,
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Die du sinnen wirst vnd machen,
99
Richtig vnd im Tantze gehn!
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So wird Vnfall, Angst vnd Leiden
101
Sich von deinem Hause scheiden,
102
Alles wird gewünschet stehn.

103
Bräutlein, nun führ du den Reyen,
104
Sonsten möchtet jhr euch zweyen,
105
Auff, wir stehn vnd singen dir:
106
Tantz, vnd laß dich frölich schawen,
107
Die zwar jetzt noch der Jungfrawen,
108
Aber bald der Frawen Zier.

109
Führen muß kein Frawen-Zimmer,
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Doch führ jetzt vnd nachmals nimmer,
111
Frawen-Bildern stehet zu
112
Sich bescheiden führen lassen,
113
Keiner Herrschaft sich anmassen,
114
Sonst verkehrt sich Glück vnd Rhue.

115
Schaw, der Monde gibt gewonnen
116
Vnd weicht gern der grossen Sonnen,
117
Gold geht vber Silbers Schein,
118
Hasel-Strauch gibt nach der Eichen,
119
Frawen müssen Männern weichen,
120
Sol es anders richtig seyn.

121
Aber gnug, du wehrter Hauffen,
122
Lasst vns nun zusammen lauffen,
123
Jeder halte die er hat:
124
Keine Noht müss' Euch beleiden,
125
Tantzet euch in Fried vnd Frewden,
126
Auch die Nacht durch müd vnd sat.

127
Sucht der Bräutigam ab-zu-stehen
128
Vnd ist schläffrig, lasst jhn gehen!
129
Bräutchen bleib, du kanst nicht hie
130
Die Gespielen schon verlassen,
131
Bleib die Nacht noch, solcher massen
132
Kömpstu nicht mehr vnter sie.

(Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024. Ursprünglich aus: Deutsches Textarchiv, CC BY-SA 4.0.)

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Simon Dach
(16051659)

* 29.07.1605 in Klaipėda, † 15.04.1659 in Königsberg

männlich, geb. Dach

natürliche Todesursache | Tuberkulose

deutscher Dichter der Barockzeit

(Aus: Wikidata.org)