Herbstlied

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Gottfried Keller: Herbstlied (1845)

1
Laßt uns auf alle Berge gehen,
2
Wo jetzt der Wein in Strömen fließt,
3
Und überall am nächsten stehen,
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Wo sich der Freude Quell ergießt,
5
Uns tief in allen Augen spiegeln,
6
Die durch das Rebenlaub erglühn,
7
Laßt uns das letzte Lied entriegeln,
8
Wo noch zwei rote Lippen blühn!

9
Seht, wie des Mondes Antlitz glühend
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Im Rosenscheine aufersteht,
11
Indes die Sonne, freudesprühend,
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Den Leib im Westmeer baden geht!
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Und an der Jungfraun einer Wange
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Bricht sich des Mondes blasse Glut,
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Indes, erhöht vom Niedergange,
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Erglänzt der andern Purpurblut.

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O küsset schnell die Himmelszeichen,
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Eh sich verdunkelt die Natur!
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Mag dann der Abglanz auch erbleichen:
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Im Herzen glimmt die schönre Spur!
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Mag sich, wer zu dem süßen Leben
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Der Lieb im Lenz das Wort nicht fand,
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Der holden Torheit nun ergeben,
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Den Brausebecher in der Hand!

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Wohl wird man edler durch das Leiden
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Und strenger durch die herbe Qual;
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Doch hoch erglühn in heißen Freuden,
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Das adelt Seel und Leib zumal!
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Und liebt der Himmel seine Kinder,
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Wo Tränen er durch Leid erpreßt,
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So liebt er jene drum nicht minder,
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Die er vor Freuden weinen läßt.

33
Und sehnen bleiche Gramgenossen
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Sich nach dem Grab in ihrer Not:
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Wem hell des Lebens Born geflossen,
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Der scheut noch weniger den Tod!
37
Taucht euch ins Bad der Lust, ins klare,
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Das euch die kurze Stunde gönnt,
39
Auf daß für alles heilig Wahre
40
Ihr jede Stunde sterben könnt!

(Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024. Ursprünglich aus: Deutsches Textarchiv, CC BY-SA 4.0.)

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Gottfried Keller
(18191890)

* 19.07.1819 in Zürich, † 15.07.1890 in Zürich

männlich, geb. Keller

Schweizer Schriftsteller, Dichter und Maler

(Aus: Wikidata.org)